Gender-Sprache
Thread poster: Anna A. K.
Anna A. K.
Anna A. K.  Identity Verified
Germany
Local time: 15:18
Member (2020)
English to German
Feb 2, 2022

Hallo, liebe EN-DE-Übersetzer,

ich wollte mal eure Meinung zu "Gendersprache" hören, also wenn man zu Berufsbezeichnungen etc. "in", am besten noch in Klammern oder mit Sternchen hinzufügt.

Bei welcher Art von Texten findet ihr das okay und wo nicht? Gibt es allgemeine Vorgaben/Richtlinien?

Ich übersetze oft Marktforschungsumfragen/Business-Texte und da kommen oft Berufsbezeichnungen vor. Ich halte mich aus Gründen der besseren Lesbarkeit an eine neutr
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Hallo, liebe EN-DE-Übersetzer,

ich wollte mal eure Meinung zu "Gendersprache" hören, also wenn man zu Berufsbezeichnungen etc. "in", am besten noch in Klammern oder mit Sternchen hinzufügt.

Bei welcher Art von Texten findet ihr das okay und wo nicht? Gibt es allgemeine Vorgaben/Richtlinien?

Ich übersetze oft Marktforschungsumfragen/Business-Texte und da kommen oft Berufsbezeichnungen vor. Ich halte mich aus Gründen der besseren Lesbarkeit an eine neutrale Sprache, damit die ganze Textstruktur nicht "zerstört" wird von Zusätzen wie "innen" oder "in" und den ganzen Klammern und Sternchen dazwischen. Allein für das Auge finde ich solche gegenderten Texte absolut furchtbar.

Wie seht ihr das? Und sollte eine neutrale Sprache nicht eher der Standard sein (wenn der Kunde keine bestimmte Vorgabe/Präferenz gibt)?

Danke für euren Input.
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Adriana I. S.
 
Nadja Balogh
Nadja Balogh  Identity Verified
Germany
Local time: 15:18
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Japanese to German
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Offenbar... Feb 4, 2022

... kein sehr populäres Thema. Bei mir auch nicht - zum Glück spielt es aber für mich nur äußerst selten eine Rolle, da ich hauptsächlich Patente übersetze.

Ich würde aber niemals einfach "drauflos gendern", wenn es vom Kunden nicht ausdrücklich verlangt wird, sondern ebenso wie du versuchen, möglichst neutral zu bleiben.

Ansonsten habe ich auch einige Male schon konkret nachgefragt, weil teilweise (natürlich) das Bewusstsein dafür fehlt, wie weitreichend di
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... kein sehr populäres Thema. Bei mir auch nicht - zum Glück spielt es aber für mich nur äußerst selten eine Rolle, da ich hauptsächlich Patente übersetze.

Ich würde aber niemals einfach "drauflos gendern", wenn es vom Kunden nicht ausdrücklich verlangt wird, sondern ebenso wie du versuchen, möglichst neutral zu bleiben.

Ansonsten habe ich auch einige Male schon konkret nachgefragt, weil teilweise (natürlich) das Bewusstsein dafür fehlt, wie weitreichend die nötigen Verrenkungen im Deutschen im Vergleich zum Englischen sind. Denn wenn ich irgendetwas noch weniger mag als gegenderte Texte, dann sind es inkonsequent gegenderte Übersetzungen (wo also z. B. nur "him/her" treudoof als "ihm/ihr" übersetzt wird, aber alles andere im generischen Maskulin gelassen wird).
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Ines Radionovas-Lagoutte, PhD
Anna A. K.
 
Marina Steinbach
Marina Steinbach
United States
Local time: 09:18
Member (2011)
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@Anna1307 Feb 6, 2022

Anna1307 wrote:

Hallo, liebe EN-DE-Übersetzer,

ich wollte mal eure Meinung zu "Gendersprache" hören, also wenn man zu Berufsbezeichnungen etc. "in", am besten noch in Klammern oder mit Sternchen hinzufügt.


Ich habe festgestellt, dass gerade große Konzerne viel Wert auf eine geschlechtergerechte Sprache nehmen, vor allem dann, wenn es um Berufsbezeichnungen geht.

Gibt es allgemeine Vorgaben/Richtlinien?


Ja, die gibt es. Gesetze und amtliche Regelungen zur geschlechtergerechten Sprache findest du hier: Wikipedia

Viele Grüße
Marina


Anna A. K.
 
Wolfgang Vogt
Wolfgang Vogt  Identity Verified
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+ ...
Langsam ändert sich was Mar 16, 2022

In letzter Zeit scheint es im medizinischen Bereich immer mehr Unternehmen zu geben, die Wert auf eine gendergerechte Sprache legen. Es sind nicht viele meiner Kunden, aber sagen wir mal, von 0 auf 2 in einem Jahr. Allerdings bevorzugen viele Gremien wie der Arbeit­skreis Medi­zinis­cher Ethikkom­mis­sio­nen weiterhin die männliche Version (https://www.akek.de/arzneimittelgesetz-amg/).

Anna A. K.
 
Gerard Barry
Gerard Barry
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Local time: 15:18
German to English
. Mar 16, 2022

Wolfgang Vogt wrote:

In letzter Zeit scheint es im medizinischen Bereich immer mehr Unternehmen zu geben, die Wert auf eine gendergerechte Sprache legen. Es sind nicht viele meiner Kunden, aber sagen wir mal, von 0 auf 2 in einem Jahr. Allerdings bevorzugen viele Gremien wie der Arbeit­skreis Medi­zinis­cher Ethikkom­mis­sio­nen weiterhin die männliche Version (https://www.akek.de/arzneimittelgesetz-amg/).


Unternehmen heutzutage setzen viel Wert darauf, immer politisch korrekt zu sein. Ist alles fake und oberflächlich natürlich.


 
Christel Zipfel
Christel Zipfel  Identity Verified
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Italian to German
+ ...
Ich denke eher an die Lesbarkeit Mar 17, 2022

Vor einigen Jahren bekam ich einen anspruchsvollen Text, Auftraggeber eine renommierte politische Stiftung, über die Situation der Landarbeiter in Süditalien, der veröffentlicht werden sollte. Darin sollten sämtliche Personenbezeichnungen, also etwa eben Landarbeiter, Taglöhner, Unternehmer, Gewerkschaftler usw. usw. jeweils mit Gendersternchen angeführt werden, und zwar jedes Mal, wenn der Ausdruck vorkam. Ich gab gleich zu Anfang bedenken, dass die Lesbarkeit des Textes sehr darunter lei... See more
Vor einigen Jahren bekam ich einen anspruchsvollen Text, Auftraggeber eine renommierte politische Stiftung, über die Situation der Landarbeiter in Süditalien, der veröffentlicht werden sollte. Darin sollten sämtliche Personenbezeichnungen, also etwa eben Landarbeiter, Taglöhner, Unternehmer, Gewerkschaftler usw. usw. jeweils mit Gendersternchen angeführt werden, und zwar jedes Mal, wenn der Ausdruck vorkam. Ich gab gleich zu Anfang bedenken, dass die Lesbarkeit des Textes sehr darunter leiden würde, schlug auch vor, die Version mit Sternchen etwa nur in Überschriften bzw. eher sporadisch zu verwenden, oder gleich zu Anfang (oder am Ende) des Textes darauf hinzuweisen, dass immer jeweils die männliche und die weibliche Form gemeint seien, doch der Kunde bestand auf seiner ursprünglichen Forderung. Nach einer Weile habe ich mir auch überlegt, vom Auftrag zurückzutreten, denn ich konnte einen solchen Sternchenwirrwarr kaum vertreten, aber der Text war wirklich sehr herausfordernd und interessant, und nur deshalb habe ich weitergemacht. Auch war das Arbeiten daran sehr mühsam und zeitaufwendig, denn ich musste ja ständig an das Sternchen denken, das im Ausgangstext nicht vorkam, und zudem auch darauf achten, es nicht an unpassender Stelle zu verwenden, da manchmal ja wirklich nur von Männern die Rede war. Das Ergebnis fand ich, wie befürchtet, schrecklich, aber der Kunde war's zufrieden. Ich habe allerdings bei der Zusendung der Übersetzung erneut festgehalten, dass das Gendern auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden erfolgte, damit das hinterher nicht etwa beanstandet wrden konnte.
Es war das erste Mal, dass eine gendergerechte Sprache von mir in einem so langen Text verlangt wurde, und ich würde mich heute wahrscheinlich weigern, eine Übersetzung mit Gendersternchen in massiver Zahl dermaßen zu verunstalten. Der damit verbundene Aufwand und die Unzufriedenheit mit dem Ergebnis lohnen die Mühe nicht.
Gleichberechtigung kommt nicht durch Gendern voran, und wenn in einem Text lediglich von "Übersetzern" die Rede ist, komme ich mir deswegen nicht gleich ausgeschlossen vor. Auch ist es manchmal geradezu lächerlich, wie in einem Zeitungsartikel, in dem vor der letzten Bundestagswahl von den drei "Kandidatinnen" (ohne Sternchen) die Rede war.
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Gerard Barry
Tarja Braun
Crannmer
Anna A. K.
Claire Bourneton-Gerlach
Joop Debrabandere
 
Cilian O'Tuama
Cilian O'Tuama  Identity Verified
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German to English
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Feb 22



[Edited at 2024-02-22 15:20 GMT]


 
Matthias Quaschning-Kirsch
Matthias Quaschning-Kirsch  Identity Verified
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Plural Feb 22

Artikel werden oft durch Nutzung des (im Deutschen genusneutralen) Plurals eleganter: "... Erziehungsberechtigte der Nutzer*innen..."

 
Jan Truper
Jan Truper  Identity Verified
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... Feb 22

Anna A. K. wrote:

Wie seht ihr das? Und sollte eine neutrale Sprache nicht eher der Standard sein (wenn der Kunde keine bestimmte Vorgabe/Präferenz gibt)?

Danke für euren Input.



Ich gendere nicht, außer der Kunde verlangt es explizit.

Wenn ich den Eindruck habe, dass Gendern für das deutsche Endprodukt angebracht sein könnte, frage ich beim Kunden nach.

Ich habe bislang zweimal Übersetzungen abgelehnt, bei denen Gendern vom Kunden verlangt wurde -- es handelte sich um Endbenutzer*innen-Lizenzvereinbarungen, und das tue ich mir nicht an.


Christel Zipfel
WolfgangS
Cilian O'Tuama
 


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